von Terceira/Azoren Richtung Süden bis zu den Kanarischen Inseln

Unser Segeltörn von den Azoreninseln zu den Kanaren 

Am 19. November legten wir vom Yachthafen Praia da Vitoria auf der Insel Terceira Richtung Südwesten zu den Kanaren ab. Zuvor hatten wir zwei Wochen vergeblich auf Wind aus Nord bis West gewartet. Als der Wind dann schließlich von Südost auf Ost drehte, wagten wir uns hinaus, in der leisen Hoffnung, dass er während unseres Törns mehr nach Nord drehen würde.
Die ersten 100 Meilen bis zur Nachbarinsel Sao Miguel mussten wir hoch am Wind laufen, gegen eine kabbelige Welle. Nur unter Zuhilfenahme beider Motoren für die letzten 30 sm erreichten wir den schützenden Hafen Ponta Delgada. Gegen Wind und Welle gleicht die Fahrt einer Autorally über Kopfsteinpflaster mit Schlaglöchern. 
In der neuen Marina war das Liegen am Steg leider wieder genau so ungemütlich, wie wir es schon im Juni in Ponta Delgada erlebt hatten: Der neu erstellte Hafen war teuer, begeleitet von schlechtem Service, keine Dusche vor Öffnung des Hafenmeisterbüros um 9 Uhr, keine Waschmaschine, lange Wege. Starker Schwell störte den Nachtschlaf. Lediglich die Bekanntschaft mit Nachbarliegern, einem englischen Paar auf der Segelyacht Mahlen, Terry und Liz, war angenehm. Sie arbeitet als Englischlehrerin in einer Schule im Ort. Weiter lagen noch zwei deutsche Yachten am Steg, eine davon ein Rennkatamaran. Den Eigner mit seiner Crew trafen wir Tage später in Santa Maria wieder, wo er mal eben mit 18 kn „hingebrettert“ war. Während uns das der Kapitän stolz berichtete, wusch die Mitseglerin am Steg in gebückter Haltung das Plastikgeschirr in einer kleinen Schüssel ab. So unterscheiden sich die Welten zwischen Rennyachten und Fahrtenschiffen.  
Wieder warteten wir einige Tage auf den erhofften Nordwind, leider wieder vergeblich. So legten wir Tage später – bei Ostwind – zur südlich gelegenen Insel Santa Maria ab. Die 57 sm ließen sich gut bewältigen und wir freuten uns, wieder im vertrauten Hafen von Villa do Porto zu liegen, wo wir schließlich am 16.05.2008 von Nordfrankreich herkommend erstmalig azoreanischen Boden betreten hatten. Der Hafenmeister Hermano begrüßte uns mit einer herzlichen Umarmung. Im Zollamt im Ort bezahlten wir die Leuchtturmsteuer von 2 € und beim Ausklarieren waren auch die Liegegebühren zu ertragen.
Und wieder zögerten wir bei dem ständigen Ostwind, den großen Törn von ca. 800 nm zu den Kanaren fortzusetzen. Schließlich machten uns Volker und Iris, die auf der Insel ein Häuschen erworben haben und wetter- und seekundig sind, doch Mut zum Ablegen. Beim Durchstöbern der verschiedenen Wetterseiten im Internet, vor allem der portugiesischen Webcamseiten, hatte Volker eine stabile Wetterlage herausgefunden. Der in der Biskaya tobende Starkwind mit hoher Welle ließ nach und konnte uns kaum noch erreichen. Das Azorenhoch lag stabil nördlich der Inseln.
So legten wir am 30.11.2008 ab. Unser GPS zeigte einen Wunschkurs von 140 ° und eine Entfernung von 721 sm bis Las Palmas auf Gran Canaria.

Die Wetterlage in den nächsten Tagen blieb tatsächlich stabil, der Ostwind leider auch. So hangelten wir uns gen Süden auf dem 24. Längengrad entlang und konnten einfach nicht genug Ost gutmachen. Unterhalb der Kanarenbreite wollten wir eine Wende fahren, um an der südwestlichsten Kanareninsel El Hierro herauszukommen.
Als wir am 7. Segeltag bereits bis zum 26. Breitengrad vorgestoßen waren, empfahl uns der Wetterfrosch von Intermar bei der morgendlichen Wetterrunde dringend, eine erste Wende zu fahren. Sonst liefen wir Gefahr, mit der herrschenden Windrichtung die Kanaren nicht mehr zu erreichen sondern erst wieder die Capverdischen Inseln.
Zum Zeitpunkt der 1. Wende Richtung Nord zeigt unser Log eine gutgemachte Distanz von 516 sm seit Ablegen von der südlichen Azoreninsel. Von Las Palmas sind wir aber immer noch 457 sm entfernt – und die liegt Richtung Ost, aus der der Wind kommt. Das bedeutet für die folgenden Tage ein mühevolles und langwieriges Kreuzen gegen Wind und Welle – keine Stärke eines Katamarans.

Sonntag, 07. Dezember 2008: 
Inzwischen sind wir – seit Ablegen von Terceira – den 10. Tag auf See. Um ein wenig Höhe gutzumachen, läuft ein Motor mit. Wir haben bereits den 22. Längengrad geschafft, El Hierro liegt auf dem 18. Längengrad, gleicher Breitengrad wie wir jetzt, nämlich der 28.
Trotz des Kreuzens herrscht gute Stimmung an Bord. Gerade ist die Sonne herausgekommen, wir haben 26 ° Luft- und 19 ° Wassertemperatur. Bei unserer guten Ausstattung an Bord ist das Segeln angenehm: Die Steuerung übernimmt zuverlässig der Autopilot, Wache geht unser „Wachhund“, das AIS, (Automatic Identifikation System) und wir können je nach Wind und Windeinfallswinkel entscheiden, ob und wann es erforderlich ist, den schützende Salon mit seinem angenehmen Rundumblick zu verlassen.

Bisher hatten wir lediglich 5 Schiffsbegegnungen im jeweiligen Umkreis von 24 sm. Nur ein einziger Frachter lief knapp 1 sm an uns vorbei und nahm unser großes weißes Segel vermutlich gar nicht wahr, wogegen unser AIS Kollisionsalarm tönte. Ein anderes vom AIS identifiziertes Schiff von 200 m Länge in 20 nm Entfernung versuchte ich auf unserem Yacht Radar zu finden, welches angeblich 24 nm funktioniert, ich fand kein Echo. Ein Radar ist folglich nicht so zuverlässig wie das AIS.

Nun noch ein Wort zu unserem Alltag an Bord: Der sieht recht entspannt aus.
Morgens zwischen 8 und 9 Uhr nach Sonnenaufgang gibt es den ersten Kaffee bzw. Tee. Ab 10 Uhr beginnt Lothars Scet mit den Wetterfröschen von Intermar am Funkgerät. Danach ist Körperpflege angesagt, Waschen im Cockpit mit Seewasser, abduschen mit Süßwasser. Um 13.30 Uhr trägt Renate das Etmal im Logbuch ein, denn schließlich begannen wir um diese Uhrzeit unseren Törn. Wenn es die Funkbedingungen zulassen, kann Lothar ab 16:30 Uhr nochmals mit den Funk Amateuren von Intermar der Wetterrunde reden.
Zwischendurch wird geangelt (Thunfisch), gelesen, auch schon mal repariert. So zum Beispiel ging beim Einbinden eines Reffs das Großfall sehr schwer zu bedienen, möglicherweise ist die Rolle im Mast beschädigt. Lothar zog dann über die Dirk ein Ersatzfall ein. Am vorletzten Tag brach dann noch ein Schekel des Kutterstags, ging aber auch zu reparieren.
Zwischenzeitlich wird je nach Hunger gefrühstückt, gekocht und Mittag gegessen, Mittagsschlaf gehalten, Abendbrot gegessen.
Zum Tagesabschluss gibt es ab 20 Uhr Kino, wir genießen uralte, alte und neuere Filme von DVDs. Im Hintergrund läuft auf dem Laptop natürlich das Yacht-AIS, unser Wachhund.
Manchmal kommt per Funk die Stimme der Deutschen Welle durch. So haben wir heute erfahren, dass 2. Advent ist und es in Deutschland Glühwein auf den Weihnachtsmärkten gibt. Nun müssen wir gestehen, dass wir den ersten Advent völlig vergessen hatten. Inzwischen leuchten auch bei uns an Bord zwei Kerzen.

Montag 08. Dezember 2008:
Heute Morgen um 7 Uhr zeigte sich der Gott des Windes endlich wohl gesonnen, er änderte die Windrichtung auf Nordost, 40 – 50 °. Damit hat die mühsame Kreuzerei vorläufig ein Ende und wir können die südwestlichste der Kanareninseln, El Hierro, fast anliegen. Es sind noch 200 sm, die sind mit durchschnittlich 5 kn Fahrt in 1 ½ Tag zu bewältigen. Wir machen endlich mal richtig viele Meilen gut und stoßen mit Sekt an. Der Wind treibt uns aber doch wieder zu weit südlich. Als wir dann den 28. Breitengrad Richtung süd überschreiten, meutere ich und fordere eine Wende in der Sorge, dass uns die Strömung südlich der Kanaren erfasst und wir nicht mehr noch Norden zurück können, sondern irgendwo an der Küste von Afrika landen . Eine Wende bringt uns lediglich nach Norden 0 Grad, nicht aber Richtung Ost zu den Kanaren. Mitten in der Nacht gibt es mehrere Winddrehungen und schließlich bringt uns der Gott des Windes doch wieder auf den richtigen Kurs. Der Starkwind bis 35 kn beschert uns eine anstrenge und schlaflose Nacht:
Mittwoch, 10. Dezember 2008
Heute bei Hellwerden ab 7 Uhr können wir die Insel El Hierro am Horizont sehen, sind aber doch wieder zu weit südlich. Doch die Kreuzerei vor dem Wind sind wir leid. Jetzt werden beide Motoren angeworfen und wir legen Kurs direkt auf die Südspitze von El Hierro, nämlich den Hafen La Restinga. 30 sm Richtung 80 ° gegen Wind und Wellen sind noch zu bewältigen. Bis mittags 13 Uhr haben wir es geschafft. 
Vorher genießen wir noch ein Bad im Atlantik über 4000 m Wassertiefe, denn wir wollen ja schließlich in gesäubertem Zustand die alte Welt betreten. In der alten Zeit vor Kolumbus bildete El Hierro den südwestlichsten Teil der Weltscheibe, auf die wir nun unseren Fuß setzen wollen.

Vor dem Hafen treffen wir auf ein Tauchboot, gute Tauchgründe kenne ich bereits von unserem letzten Aufenthalt hier..
Beim Einlaufen finden wir ein wesentlich größer ausgebautes Hafenbecken vor, als das, was wir aus der Zeit vor unserem letzten Aufenthalt im Februar 2002 kennen. Stege für Yachtlieger sind gebaut worden, leider ohne Strom und Wasseranschluss und ohne sanitäre Einrichtungen. Wir klarieren ordentlich ein und die Liegegebühren betragen ca. 8 € pro Nacht – ohne Kataufschlag. Der Hafen und der Ort sind ausgesprochen idyllisch mit schwarzen Lavasteinen und gehegten Kakteen. Er lädt uns zu einer Entspannungspause auf dem Weg Richtung Las Palmas auf Gran Canaria ein.

Auswertung:
Beim Ablegen von der südlichsten Insel der Azoren, Santa Maria, zeigte uns der GPS einen Idealkurs von 140 Grad und 721 sm bis Las Palmas auf Gran Canaria an.
Tatsächlich konnten wir bei dem vorherrschenden Ostwind nur Süd segeln, ab dem 27. Breitengrad und dem 24. Längengrad blieb uns nur ein mühsames Kreuzen übrig.
Tatsächlich legten wir ab Santa Maria bis El Hierro 1193 sm zurück.

An Bord ist soweit alles in Ordnung. Repariert wurde unterwegs der Schekel des Kutterstags und ein Ersatzfall für das Großsegel wurde vorsorglich eingeschoren. Unser Dingi ist erst mal wieder reparierungsbedürftig, es ist in seiner Lage auf dem Trampolin wohl doch zu stark beansprucht. Auch das Seil zur Befestigung des Trampolins weist eine durchgescheuerte Stelle auf. In die vordere Luke an Steuerbord ist wieder Wasser eingedrungen, nicht mehr so viel wie auf unserer letzten Atlantikfahrt. Die Luke ist noch dichtungsbedürftig. 
Vor allem bedarf das Fenster im Salon einer Erneuerung, denn laufend drang überkommendes Wasser in den Salon und bedrohte vor allem unsere elektronischen Geräte. Der bisherige Navigations-Laptop ist mangels Funktion der Schnittstellen ausgefallen und der zweite Laptop bekam bereits eine kleine Macke, indem seine Rücktaste, wohl infolge eingetropften Seewassers, nicht mehr funktioniert.

Unser Törn wird uns nach den Entspannungstagen voraussichtlich am kommenden Dienstag, 16.12.2008, weiter nach La Gomera führen – immer vorausgesetzt, der Wind ist uns hold.

Nach Verlassen der Azoren wurde der Bonito zu unserem ersten Mittagessen

Lothar muss schon bald das Beiboot  sichern

und den Schekel am Kutterstag erneuern

der gebrochene Schekel, der schnell zu größeren Schäden führen kann

Der malerische Hafen von Restinga auf El Hierro- am Ende der alten Welt

laedt geradezu zum Spaziergang ein.